“Spott auf Speed” (Kabarett.at, 5. 10. 2011)

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Mit seiner scharf geschliffenen Text-Bild-Schere durchpflügt das preisgekrönte Trio “maschek” auch in seinem neuen Bühnenprogramm “101010 – ein revolutionärer Fernsehtag” wieder mit schnellen Schnitten die weltweiten TV-Bilder eines einzigen Sendetags : Nachrichten, Interviews, Magazin-Beiträge, Talk- und Casting-Shows. Vor den frech-witzigen und vor keinem Unfug gefeiten Neudeutungen und Umvertonungen der Herren Hörmanseder, Salamun und Stachel ist keine Sendung sicher.

Der 10. Oktober 2010 war natürlich alles andere als ein besonders „revolutionärer Fernsehtag“. Sich bei der Suche nach verwertbarem Bildmaterial auf einen Tag des Jahres zu beschränken, mag wie ein besonders bedeutungsvoller Zufallsgenerator oder zumindest wie eine künstlerische Herausforderung anmuten, ist aber in erster Linie eine Arbeitserleichterung. Die Beschränkung ist des Trios unverzichtbarstes Instrument bei der Bewältigung der Bilderflut. Sie ermöglicht ihm, den Überblick über ihren Werkstoff nicht ganz zu verlieren. Und sie schafft die Basis für den kuriosen Witz, der vor allem daraus resultiert, dass aberwitzige Zusammenhänge konstruiert und erstaunliche Bögen oftmals mit erfrischender Brutalität und naheliegenden Pointen gnadenlos übers Knie gebrochen werden müssen.

Durchaus erhellend ist auch – z.B. mittels Bilder von Gaddafi und Mubarak in selbstgefälligen Machtposen – daran erinnert zu werden, was vor einem Jahr noch alles ganz anders war. In der „maschek“-Version versuchen die beiden Ex-Potentaten ihren Kollegen Assad davon zu überzeugen, sich doch H.C. Strache als Double zuzulegen. Ein zweiter Bildungsweg, für den es noch nicht zu spät wäre. Hugo Chavez lassen „maschek“ eine neue Weltwährung aus Tomaten ins Leben rufen, Kim Jong-Il hat eine Blumenallergie und bemüht sich, den Tourismus in Nord-Korea anzukurbeln, die deutsche Bundeskanzlerin Merkel kommandiert ihren türkischen Amtskollegen Erdogan durch eine chaotische Pressekonferenz und der ohnedies schon regelmäßig zu unfreiwilliger Realsatire tendierende ZDF-„Fernsehgarten“ verkommt zu einer lächerlichen Verkaufsshow für japanische Billig-Regenschirme. Grandios.

Höhepunkt der angemessen respektlosen Neu-Synchronisationen – denn die Opfer des „maschek“-Spotts sind ja in erster Linie Politiker und TV-Shows, die durchwegs deutlich Schlimmeres verdient hätten, als zu höheren Ehren der Bühnenunterhaltung durch den Kakao gezogen zu werden – ist ihre akustische Bearbeitung des Festakts „90 Jahre Kärnten“. Die Gespräche und Kommentare der hinter den Rednern auf der Würdenträger-Tribüne platzierten Ehrengäste gingen bei der Premiere von „101010“ fast im Gelächter des Publikums unter.

Auch wenn „maschek“ bei ihrem hemmungslosen Hang zu Blödeleien gelegentlich ihr rote Faden der Weltwirtschaftskrise abhanden kommt und die eine oder andere etwas langatmigere Szene – mit Juliette Lewis beispielsweise – für Spaß-Pausen sorgt, bietet auch das jüngste Ergebnis dieser bereits bestens bewährten und unverändert so was von abendfüllend amüsanten „maschek“-Methode wieder eine sehr empfehlenswerte Mischung aus entlarvender Satire und schwerelosem Nonsens. Der Vorfreude auf ein voraussichtlich von fröhlichen Faschingswitzen schwer gezeichnetem Fortsetzungsprogramm namens „111111“ steht somit nichts im Weg.

Peter Blau